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Was ist Mediation?

1.     Mediation bedeutet Vermittlung zwischen zwei oder mehreren Parteien in einem Interessenkonflikt unter Beiziehung einer/eines überparteilichen, neutralen Dritten und stellt ein auf Freiwilligkeit[1] basierendes Konfliktbehandlungsinstrument dar, das den traditionellen Gerichts- und Behördenverfahren vorgelagert oder an die Seite gestellt werden kann.[2] Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten reicht von Familien- und Scheidungskonflikten über Nachbarschafts- sowie Mietstreitigkeiten, außergerichtlichen Tatausgleich, Wirtschaftsangelegenheiten, Raumplanung bis hin zu Umweltkonflikten. Mediation stellt jedoch nur eines von mehreren Modellen zur außergerichtlichen Konfliktbehandlung bzw. -lösung dar. Weitere mögliche Formen sind etwa das bilaterale Verhandeln untereinander ohne Mitwirkung einer/eines Dritten (Negotiation), die Moderation (Faciliation) und die Schiedsgerichtsbarkeit (Arbitration), die allesamt unter dem Oberbegriff der "Alternative Dispute Resolution" zusammengefasst werden können.[3]

2.      Das Ziel des Mediationsverfahrens besteht in der eigenverantwortlichen und gemeinsamen Suche nach kreativen Problemlösungen, die letztlich für alle am Konflikt Beteiligten befriedigend und tragfähig sein sollen (sog. "win-win-solution"). Mit der angestrebten Problemoptimierung werden nach Möglichkeit zukunftsorientierte wie auch auf Dauer angelegte konsensuale Ergebnisse in Form von abschließenden, gegebenenfalls schriftlichen Vereinbarungen erzielt. Das Verfahren selbst läuft im wesentlichen in drei Hauptphasen ab - Vorverhandlung, eigentliche Verhandlung sowie Umsetzung (Überprüfung/Überwachung).[4] Es soll flexibel, offen und weitgehend ohne strenge Formalismen und festgeschriebene Standards durchgeführt werden, um situationsabhängig auf den Einzelfall reagieren zu können.[5] Mögliche Beteiligte an einem solchen Verfahren sind alle, die ein legitimes Interesse an der Behandlung und Lösung des Konflikts haben. Ergebnis eines Mediationsverfahrens kann schließlich eine vertragliche Übereinkunft sein,[6] deren inhaltliches Substrat zB Zusicherungen von Informations-, Ausgleichs- und erhöhten Schutzmaßnahmen bilden. Die Verfahrenskosten werden grundsätzlich von den Parteien anteilsmäßig getragen.

3.      Im Mediationsverfahren übernimmt eine/ein von allen Seiten akzeptierte/r Dritte/r, eben der/die Mediator/in,[7] -  im Gegensatz zum/zur Moderator/in - zusätzliche Verantwortung für den Fortgang des Verhandlungsprozesses, indem sie/er etwa wechselseitig Handlungsspielräume - sofern sie der Gesetzgeber vorsieht und zulässt - auslotet, Vorurteile auszuräumen versucht sowie Gefahren und regelungsbedürftige Aspekte aufzeigt, die allesamt die Grundlage für eine mögliche, für alle am Konflikt Beteiligten akzeptable Einigung bilden können. Keinesfalls soll aber der/die Mediator/in eigene Interessen verfolgen und Entscheidungen in der strittigen Sache selbst treffen. Ihm/ihr kommt demnach keine inhaltliche Lösungskompetenz zu. Vielmehr liegen seine/ihre Hauptaufgaben im ergebnisorientierten Verfahrensmanagement, in der Strukturierung des Verfahrens und in der Vertrauensbildung. Neben einer professionellen Ausbildung sowie der nötigen Erfahrung soll der/die Mediator/in insbesondere soziale Kompetenz und Fachwissen mitbringen. Bei komplexen Sachverhalten, die beispielsweise fundierte technische, betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse voraussetzen, empfiehlt sich neben der Heranziehung von Fachgutachtern/innen auch der Einsatz eines mehrköpfigen Mediatorenteams.

4.     Die gesetzliche Anerkennung von mediativen Instrumenten ist der österreichischen Rechtsordnung nicht mehr fremd. Bereits seit 1988 kennt das Jugendgerichtsgesetz im Rahmen des außergerichtlichen Tatausgleichs (ATA) die Funktion der Konfliktreglerin bzw. des Konfliktreglers, die mit einer Novelle zur Strafprozessordnung 1999 auf das „Erwachsenenstrafrecht“ ausgedehnt wurde. Auch auf der Ebene des Zivilrechts[8] und des Zivilprozessrechts fand und findet Mediation als ein zusätzliches Instrument mittlerweile ihre positivrechtliche Berücksichtigung. Als diesbezügliches Kernstück derzeitiger österreichischer Bemühungen darf das 2003 kundgemachte Zivilrechts-Mediations-Gesetz (ZivMediatG) bezeichnet werden, in dem sich ein erster Ansatz für ein Berufsrecht ausmachen lässt.[9] Das ZivMediatG spannt dabei seinen Rahmen über die Voraussetzungen und das verwaltungsbehördliche Verfahren für die Eintragung von MediatorInnen, von Ausbildungseinrichtungen und von Lehrgängen in von der Bundesministerin bzw. vom Bundesminister für Justiz zu führende Listen, über die Rechte und Pflichten (Verschwiegenheit[10], Fortbildung) der eingetragenen MediatorInnen bis hin zu den Rechtsfolgen (Hemmung von Fristen) der Mediation[11].

Selbst das österreichische Verwaltungsrecht umfasst seit dem Inkrafttreten der Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 im Hinblick auf „große Interessenkonflikte“ zwischen dem/der ProjektwerberIn und den sonstigen Parteien erste normative Ansätze für Mediation. Ihre Verankerung erfolgte weiters in der Umsetzung des Behindertengleichstellungspakets[12] sowie in der außerordentlichen Auflösung eines Lehrverhältnisses durch den/die Lehrberechtigte(n).[13]

Als jüngste normative Regelungswerke sind noch das EU-MediatG und die Möglichkeit des Abschlusses eines Mediationsvergleichs vor einem jeden Bezirksgericht hinzugekommen.[14]

5.     Die Mediation als "cooling down"-Mechanismus stößt bei Betroffenen zunehmend auf Beachtung, auch wenn ihr in Österreich immer noch ein leichter Hauch des Exotischen anhaftet. Zweifellos lässt sich an den bereits durchgeführten Praxisbeispielen ablesen, dass hier ein Instrument mit großem Potenzial zum Einsatz kommt. Dieses gilt es - vor dem Hintergrund einer nach wie vor lückenhaften systematisch-methodischen Aufarbeitung - zu sichern, weiterzuentwickeln und in das Gesamtgebilde unserer Rechtsordnung zu implementieren.

[1] Heintel, Mediation, in: Falk et al (Hrsg), Die Welt der Mediation (1998) 23 f.

[2] Eine Auswahl an Definitionen ua. bei Falk, Die Entwicklung der Mediation, in: Töpel-Pritz (Hrsg), Mediation in Österreich (2000) 41 ff.

[3] Spitznagel, Alternative Dispute Resolution (ADR), in: Baudenbacher (Hrsg), Aktuelle Probleme des Europäischen und Internationeln Wirtschaftsrechts I (1998) 384 ff. 

[4] Hehn, Nicht gleich vor den Richter (1996) 20 ff; Zilleßen, Mediation im Spannungsfeld von Umweltpolitik und Umweltrecht, Kon:sens 1/1998, 26.

[5] Fietkau, Leitfaden Umweltmediation (1994) 11 und 14 f.

[6] Holznagel, Mediation im Verwaltungsrecht, in: Breidenbach/Henssler (Hrsg), Mediation für Juristen (1997) 156.

[7] Breidenbach, Medation (1995) 143 ff; Hehn, Richter, 17 ff; Zilleßen, Mediation als Kooperatives Konfliktmanagement, in derselbe (Hrsg), Mediation (1998) 22 ff.

[8] Zur außergerichtlichen Streitbeilegung im nachbarschaftlichen Kontext („Licht und Luft“) siehe Art III ZivRÄG 2004

[9] Siehe Ferz/Filler, Mediation; Falk/Koren, ZivMediatG.

[10] Zur prozessrechtlichen Absicherung siehe § 320 Z 4 ZPO sowie §§ 157 und 159 StPO.

[11] Damit einher gingen auch Änderungen korrespondierender Bestimmungen in der Zivilprozess- (z.B. Beweisaufnahmeverbot) sowie der Strafprozessordnung (Zeugnisentschlagungsrecht). Siehe hiezu ua. Ferz, perspektive mediation 2005, 20 f mwN.

[12] Ferz/Adler, Mediation im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und im Behinderteneinstellungsgesetz, in: Prettenthaler-Ziegerhofer (Hrsg), Menschen mit Behinderung. Leben wie andere auch? (2006) 329 ff. Siehe auch http://www.bundessozialamt.gv.at/basb/Behindertengleichstellung/Schlichtung [Stand 09/2012].

[13] Vgl ua Winkler, Eine neue Möglichkeit der vorzeitigen Auflösung von Lehrverhältnissen, ZAS 2008, 244 ff; praktische Hinweise etwa unter https://www.wko.at/Content.Node/Service/Arbeitsrecht-und-Sozialrecht/Arbeitsrecht/Ausbildungsverhaeltnisse/Ausserordentliche_Aufloesung_des_Lehrverhaeltnisses.html und wko.at/ooe/Bildung/lv/lv_pdf/Vorgehensweise-ausserordentliche-Aufloesung_20080701.pdf [Stand 09/2012].

[14] Es handelt sich hiebei um das Bundesgesetz über bestimmte Aspekte der grenzüberschreitenden Mediation in Zivil- und Handelssachen in der Europäischen Union (EU-Mediations-Gesetz – EU-MediatG), BGBl I 21/2011, mit dem außerdem die ZPO hinsichtlich des Mediationsvergleichs abgeändert wird.

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Mag.a Paula Riener Telefon:+43 (0)316 380 - 3343

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